Beim Vorkaufsrecht von Grundstücken handelt es sich um ein gesetzlich verankertes Recht, welches einer bestimmten Gruppe oder Einzelperson das Recht verleiht, ein Grundstück zu kaufen, bevor es einer anderen Person verkauft wird. Diese Regelung ist damit sowohl für den Käufer als auch für den Verkäufer eines Grundstücks von Interesse.
Wir haben das Wichtigste rund ums Vorkaufsrecht für Sie zusammengefasst.
Was bedeutet Vorkaufsrecht bei Grundstücken?
Wenn ein Vorkaufsrecht im Grundbuch eingetragen ist, bedeutet dies, dass derjenige, für den das Recht eingetragen wurde, im Verkaufsfall zu den gleichen Bedingungen wie der „ursprüngliche“ Käufer, auch Erstkäufer genannt, das Grundstück kaufen darf. Die Bedingungen umfassen den Kaufpreis, eventuell vereinbarte Ratenzahlungen oder Zahlungsziele und Berechtigungen wie Weg- oder Wohnrechte. Die vorkaufsberechtige Person muss im Falle eines geplanten Grundstücksverkaufs informiert werden und muss eine Frist von 2 Monaten berücksichtigen, um das Grundstück zum bereits vereinbarten Kaufpreis zu erwerben. Erst wenn die Person sich gegen den Kauf entscheidet, kann der Kaufvertrag mit dem eigentlichen, ursprünglichen Käufer abgeschlossen werden.
Für Verkäufer und Käufer ergeben sich durch ein eingetragenes Vorkaufsrecht unterschiedliche Folgen:
- Der Verkäufer kann das Grundstück aufgrund des Vorkaufsrechts auf jeden Fall zum vereinbarten Kaufpreis verkaufen.
- Ein potenzieller Käufer muss die Entscheidung des Vorkaufsberechtigten abwarten, bevor er das gewünschte Grundstück als neuer Eigentümer erwerben kann.
Welche Arten von Vorkaufsrecht gibt es?
Beim Vorkaufsrecht unterscheidet man zwischen drei Arten:
- Dingliches Vorkaufsrecht: Dies bezieht sich auf den Verkauf von Immobilien und Grundstücken und bedarf in jedem Fall einer Eintragung im Grundbuch. Der Vorkaufsberechtigte wird in Abteilung II des Grundbuchs eingetragen. Wird das Grundstück bzw. die Immobilie nun ohne Wissen des Vorkaufsberechtigten verkauft, ist der Kaufvertrag ungültig. Die rechtlichen Grundlagen hierzu finden sich in den § 1094 ff. des BGB (Bürgerliches Gesetzbuch).
- Gesetzliches Vorkaufsrecht: Das gesetzliche Vorkaufsrecht besteht grundsätzlich auf Grundlage von Rechtsvorschriften. Hierzu gehören z.B. gem. § 577 BGB das Vorkaufsrecht für Mieter einer zu verkaufenden Wohnung, oder das Vorkaufsrecht einer Gemeinde beim Verkauf eines Grundstücks (gem. §24 BauGB für den Fall, dass die Gemeinde eine spätere Verwendung zum Allgemeinwohl hat). Es gilt also für verschiedene „Dritte“ und ist nicht im Grundbuch eingetragen, sondern gilt generell gemäß Gesetz.
- Schuldrechtliches Vorkaufsrecht: Das schuldrechtliche Vorkaufsrecht, welches in den § 463 – 473 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) geregelt ist. In diesem Falle wird das Verkaufsrecht in der Regel vertraglich vereinbart und nicht öffentlich vermerkt. Das bedeutet, dass ein Vorkaufsrecht vereinbart und niedergeschrieben wurde, jedoch nicht im Grundbuch eingetragen ist.
Wird ein Vorkaufsrecht im Grundbuch eingetragen?
Das Vorkaufsrecht auf ein Grundstück kann sowohl bei bebauten als auch bei unbebauten Grundstücken wirken und muss nicht zwingend im Grundbuch eingetragen sein. So kann das Vorkaufsrecht zum Beispiel auch in einem privaten, schuldrechtlichen Vertrag erteilt werden. Meistens ist es jedoch im Grundbuch eingetragen und genießt daher öffentlichen Glauben. So gilt der Inhalt durch den Grundbucheintrag, unabhängig von jeder mündlichen Vereinbarung, als richtig und verlässlich.
Unser Tipp: Weitere Informationen rund um das Thema Bebaubarkeit von Grundstücken und Bebauungsplan finden Sie in unserem Beitrag “Wann ist ein Grundstück bebaubar?”.
Wer hat Vorkaufsrecht?
Das Vorkaufsrecht auf ein Grundstück kann aus verschiedenen Gründen an bestimmte Gruppen von Personen, sogenannte Vorkaufsberechtigte, erteilt werden:
Gemeinden und Städte
Grundsätzlich gelten bei jedem Verkaufsfall Städte oder Gemeinden als Vorkaufsberechtigte. Dies hat den Hintergrund, dass eventuell geplante Änderungen im Verwaltungsgebiet, z. B. die Planung einer neuen Straße oder die Entwicklung eines Baugebietes in den kommenden Jahren, leichter zu realisieren sind, wenn die Gemeinde bereits bei jedem Verkauf beurteilen kann, ob die zu verkaufende Immobilie in Zukunft für die Stadtentwicklung von Bedeutung ist und welchen Zweck diese erfüllen soll. Genaue Einzelheiten dieser Regelungen sind auch im Baugesetzbuch (BauGB §24) nachgehalten.
Nachbarn
Weitere Vorkaufsberechtigte können benachbarte Grundstückseigentümer sein. Wenn ein Grundstück verkauft werden soll und ein benachbarter Eigentümer Interesse hat, kann er das Vorkaufsrecht ausüben und das Grundstück erwerben. Dies dient dazu, die Integrität der Nachbarschaft zu erhalten und städtebauliche Veränderungen zu kontrollieren.
Landwirte
Auch Landwirte können ein Vorkaufsrecht haben. In den meisten Fällen gilt dies für Grundstücke, die für die Entwicklung und den Schutz der Landwirtschaft essenziell sein könnten. Außerdem wird so auch der Spekulation mit landwirtschaftlichen Flächen als wichtige Ressourcen entgegengewirkt.
Mieter und Pächter
Häufig haben auch Mieter ein Vorkaufsrecht auf das Grundstück, das sie mieten. Dies soll den Mieter vor einer plötzlichen Kündigung oder Verdrängung schützen. Um ihre Interessen zu schützen, wird auch oft Pächtern eines Grundstücks das Vorkaufsrecht verliehen. Unabhängig davon gilt natürlich auch der Grundsatz „Kauf bricht nicht Miete“, welcher im BGB geregelt ist und besagt, dass neue Eigentümer den Mieter nicht ohne Weiteres kündigen können.
Erbengemeinschaften
An Erbengemeinschaften bzw. an mehrere Miterben wird das Vorkaufsrecht vergeben, wenn sichergestellt werden soll, dass ein Erbe fortgeführt werden soll. So wird das Vermögen erhalten und die Erbengemeinschaft bzw. die Miterben vor unfairen Verkäufen geschützt.
Miteigentümer
Miteigentümern wird ein Vorkaufsrecht verliehen, um Streitigkeiten beim Verkauf eines Teils des Grundstücks vorzubeugen, die Gemeinschaftsstruktur zu wahren und ihnen Kontrolle über die Verwendung ihres Grundstücks zu geben.
Wann erlischt ein Vorkaufsrecht?
Das Vorkaufsrecht auf ein Grundstück erlischt in folgenden Fällen:
- Der Vorkaufsberechtigte kauft das Grundstück und wird damit zum Eigentümer.
- Der Vorkaufsberechtigte verzichtet auf sein Vorkaufsrecht.
- Der Inhaber des Vorkaufsrechts lässt die Vorkaufsfrist von 2 Monaten ungenutzt verstreichen.
- Das Vorkaufsrecht wird auf andere Personen übertragen und erlischt damit beim ursprünglichen Inhaber.
In allen Fällen ist es unerheblich, ob ein Makler mit dem Verkauf beauftragt wurde oder ob der Eigentümer das Grundstück bzw. die Immobilie privat verkauft.
Wie funktioniert das Vorkaufsrecht bei Grundstücken?
Um diese Frage zu beantworten, entwerfen wir folgendes Szenario:
- Herr Müller ist Eigentümer eines Grundstücks. Dem Nachbarn des Grundstücks, Herrn Vogl, wird ein Vorkaufsrecht auf die besagte Immobilie zugesprochen und im Grundbuch eingetragen.
- Herr Müller möchte das Grundstück nun an Frau Rühl verkaufen. Dies tut er bei einem Notar, der den Kaufvertrag beurkundet und die Käuferin Frau Rühl darüber informiert, dass im Grundbuch ein Vorkaufsrecht für Herrn Vogl eingetragen wurde.
- Der Notar nimmt Kontakt zu Herrn Vogl auf und fragt diesen, ob er in diesem Vorkaufsfall von seinem Vorkaufsrecht Gebrauch machen möchte.
- Herr Vogl hat jetzt eine Frist von 2 Monaten, um in den bestehenden, schwebend unwirksamen Kaufvertrag einzusteigen. Dies bedeutet, dass er dem Notar eine Mitteilung geben muss, dass er in den bestehenden Vertrag eintreten möchte und diesen dann beim Notar an Stelle von Frau Rühl unterschreiben möchte. Dabei gelten für Herrn Vogl der bereits verhandelte Preis und alle weiteren vereinbarten Bedingungen. Alternativ kann Herrn Vogl dem Notar auch mitteilen, dass er sein Vorkaufsrecht nicht wahrnimmt und Frau Rühl wie geplant Eigentümerin wird.
- Erst wenn diese Frist verstrichen ist oder eine Absichtserklärung abgegeben wurde, dass Herr Vogl sein Vorkaufsrecht nicht wahrnimmt („Negativzeugnis“), kann das Grundstück, wie im ursprünglichen Kaufvertrag vorgesehen, an Frau Rühl verkauft und vom Notar eine Verkaufsurkunde angefertigt werden.
Häufige Fragen zum Vorkaufsrecht bei Grundstücken
Was bedeutet “Negativzeugnis” oder „Vorkaufsrechtsverzichtserklärung“ beim Vorkaufsrecht?
Das Negativzeugnis ist eine in der Regel schriftlich vorliegende Erklärung des Vorkaufsberechtigten, in der dieser erklärt, dass er auf sein Vorkaufsrecht verzichtet. Sie dient dem Verkäufer und anderen potenziellen Käufern zur Information und wird auch als Vorkaufsrechtsverzichtserklärung bezeichnet.
Was kann man tun, wenn die Gemeinde ihr Vorkaufsrecht ausübt?
Wenn die Gemeinde ihr Vorkaufsrecht ausübt, ist es möglich, neben dem Verkauf noch mit der Gemeinde über den Kaufpreis zu verhandeln. Außerdem kann der Verkäufer bei Gericht Einspruch gegen das Ausüben des Vorkaufsrechts der Gemeinde einlegen, wenn er die Ausübung als nicht gerechtfertigt sieht.
Vorkaufsrecht – wie lange gilt es?
Das Vorkaufsrecht gilt solange, bis der Verkaufsfall der Immobilie eintritt.
Wer bestimmt den Preis beim Vorkaufsrecht?
Der Preis eines Grundstücks mit Vorkaufsrecht wird durch das Angebot bestimmt, das der potenzielle Käufer vom Verkäufer erhält. Dieses Angebot muss im Zuge des Immobilienverkaufs auch dem Inhaber des Vorkaufsrechts unterbreitet werden.
Welche Vorteile und Nachteile gibt es beim Vorkaufsrecht?
Das Vorkaufsrecht bei Grundstücken bietet sowohl Vorteile als auch gewisse Einschränkungen bei der Ausübung, da bestimmte Bedingungen erfüllt sein müssen:
- Der Vorkaufsberechtigte muss in der Lage sein, die vereinbarten Bedingungen neben dem Kaufpreis (Zahlungsfristen, verhandelte Zusatzabsprachen wie Leibrente, Wohnrechte, Wegerechte etc.) zu erfüllen.
- Der Vorkaufsberechtigte muss finanziell in der Lage sein, in den beim Notar bereits unterschriebenen Kaufvertrag einzusteigen.
Außerdem können sich beim Vorkaufsfall folgende Nachteile ergeben:
- Für Sie als potenzieller Käufer können Rechtsstreitigkeiten und rechtliche Komplikationen auftreten, da es Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung des Vorkaufsrechts geben kann.
- Wenn Sie als potenzieller Käufer ein Grundstück mit Vorkaufsrecht erwerben möchten, muss bei den Preisüberlegungen berücksichtigt werden, dass der bereits verhandelte Kaufpreis sowie alle vereinbarten Nebenabreden bindend sind.
- Das Vorkaufsrecht kann den Verkaufsprozess einer Immobilie, egal ob Wohnung, Haus oder Grundstück, komplexer machen und den Spielraum für Preisverhandlungen verringern.
Unser Tipp: Sind Sie als Käufer an einem Grundstück mit Vorkaufsrecht interessiert, sollten Sie auf jeden Fall einen beratenden Anwalt hinzuziehen.
Das Vorkaufsrecht bei Grundstücken ist eine wichtige Regelung im deutschen Immobilienrecht. Es bietet bestimmten Parteien das Recht, eine Immobilie zu erwerben, bevor sie anderen potenziellen Käufern angeboten wird. Das Vorkaufsrecht schützt die Rechte von Mietern und benachbarten Grundstückseigentümern und erhält den Charakter von Nachbarschaften. Es gibt jedoch insbesondere für Erstkäufer einiges zu beachten. Diese sollten sich bei einem bestehenden Vorkaufsrecht eines Grundstücks, Hauses oder einer Wohnung juristischen Rat einholen, um Klarheit und Sicherheit bei den grundlegenden Fragen zum Vorkauf zu erhalten.